Wie die Systemüberwindung gelingt: vom Optimierungswahn zur strategischen Überzeugung

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Wie die Systemüberwindung gelingt: vom Optimierungswahn zur strategischen Überzeugung
von
Peter Busse
16
min
August 12, 2023
PDF
Zusammenfassung

Dieser Artikel ist Teil einer Reihe, die sich mit den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Dynamiken befasst und die Konsequenzen für Menschen, Marken und Organisationen beleuchtet.

Übersicht zur Artikelreihe
  1. Warum der Geschäftserfolg von gestern und die operative Hektik von heute dein Unternehmen in Gefahr bringen
  2. Systemoptimierung vs. Systemüberwindung: warum kontinuierliche Verbesserung echten Innovationen im Weg steht
  3. Wie die Systemüberwindung gelingt: vom Optimierungswahn zur strategischen Überzeugung
  4. Die Erfolgskriterien einer jeden unternehmerischen Wette: Relevanz, Resonanz, Akzeptanz

Die Wellen der Komplexität und Dynamik machen vor niemandem Halt. Vielen Unternehmen macht die schwere Durchdringbarkeit der Lage und die daraus resultierende Ungewissheit schwer zu schaffen. Es gibt viele Bälle zu jonglieren und Überraschungen lauern fast an jeder Ecke.

Wer nicht gleich resigniert, verlässt sich auf seine bewährten Bewältigungsstrategien und greift auf seine Intuitionen zurück. Das kann gut gehen, muss es aber nicht. Die entscheidende Frage ist, in wie weit die Bedingungen unter denen die Strategien und Intuitionen ausgebildet wurden, den heutigen Umständen noch entsprechen.

Aufmerksame und weitsichtige Geschäftsinhaber und Unternehmensführer beschäftigen sich mit Fragen wie diesen: Was verändert sich? Was bleibt gleich? Was bedeutet das für mein Geschäft? Wie kann ich up-to-date bleiben und wie kann ich mich vorbereiten?

Wer die Notwendigkeit zum Wandel und zur Vorbereitung erkannt hat, wird sich bemühen, die Arbeit am System zur strategischen Überzeugung werden zu lassen. Dazu ist es entscheidend wichtig,

  1. wichtige Zusammenhänge in der Tiefe zu durchdringen,
  2. die übergreifenden Dynamiken im Blick zu haben und
  3. das Signal vom Rauschen zu trennen.

Möglicherweise kann Dir dieser Teil der Beitragsreihe dabei helfen.

Druck von beiden Seiten: höchste Zeit für Veränderung?

Gesellschaft befindet sich im ständigen Wandel und die Zukunft bleibt unvorhersehbar.

Die Strukturzyklen bestimmen wie der Wind weht. Sie liefern uns Indizien über die zu erwartenden Dynamiken auf Basis historischer Muster. Auf Zeiten (übermäßigen) Wohlstands folgen je her Zeiten von Krieg und Krise, die wiederum gefolgt sind von Zeiten des Wandels und des Aufbaus bevor die Dekadenz wieder Überhand nimmt und der Kreislauf von vorne beginnt.

Unternehmen haben den primären Zweck einen wertschöpfenden Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, indem sie Nutzen für Kunden und Mitarbeiter stiften. Die gesellschaftlichen Dynamiken bestimmen die Dynamiken des Marktes. Die eigene unternehmerische Wette ist immer im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen zu betrachten und mit Rücksicht darauf zu gestalten.

Die Marktdynamiken im Übergang vom Industriezeitalter ins Informations- und Wissenszeitalter erzeugen spürbaren Druck für Unternehmen, deren Inhaber und Mitarbeiter. Der Druck kommt von beiden Seiten:

  1. Technologischer Fortschritt reduziert die Eintrittsbarrieren für Unternehmen und Konsumenten. Der zunehmende Wettbewerb führt zu erhöhtem Innovationsdruck: ständig kommen (neue) Marktteilnehmer dazu, die mit neuen Ideen das Feld aufmischen. Der Markt wird enger und die Anforderungen vor zahlenden Kunden zu bestehen größer. Noch immer denken viele, ihr Geschäftsmodell wäre von diesen Dynamiken nicht betroffen. Nichts zu tun kann teuer zu stehen kommen.
  2. Die gesamtwirtschaftliche Lage ist bestimmt durch zunehmende Inflation und drohende Rezession. Jahrzehntelange Kreditexzesse machen sich bemerkbar und können nicht länger ignoriert werden. Das führt zu steigendem Kostendruck auf Seiten der Unternehmen und der Konsumenten. Viele Unternehmer sind jedoch noch immer der Auffassung, der Wachstumskurs der letzten Jahrzehnte wäre für immer festgeschrieben. Wenn die Märkte schrumpfen, zeigt sich, wessen unternehmerische Wette gut platziert war, wer wirklich Wertschöpfung betreibt und wer seine betriebswirtschaftlichen Hausaufgaben erledigt hat.

Innovationsdruck und Kostendruck zusammen ergeben ein Umfeld, in dem es für viele Unternehmen und ihre Inhaber um das Überleben des Geschäfts geht. Wenn die Organisation des Geschäfts nicht dynamikrobust genug ist, verhindert sie das Fortleben des Unternehmens.

Die unternehmerische Wette droht zu scheitern, wenn sie sich nicht immer wieder neu an die Dynamiken anpasst. Dazu ist es erforderlich, Bewährtes in Frage zu stellen und Neues zu gestalten. Das erfordert Mut, Empathie und Weitsicht.

Vielen Entscheidern ist bereits bewusst, dass grundlegende Entscheidungen hinterfragt und neu getroffen werden müssen, um eine zukunftsfähige Entwicklung zu ermöglichen. Meist mangelt es an der Umsetzung.

Versuche, die Organisation und die Mitarbeiter zu steuern, erweisen sich in fast jedem Kontext als hoffnungslos. Dennoch sind sie in Unternehmen noch immer weit verbreitet. Was gestern zum Erfolg geführt hat, steht heute vielen Unternehmen bei ihrer Entwicklung im Weg: die klassische Managementlehre und ihr verkorkstes Menschenbild.

Nicht jedes Unternehmen erkennt seine überlebensnotwendigen Transformationen rechtzeitig. Unternehmensinhaber unterliegen häufig der Illusion, es würde reichen, Bestehendes zu optimieren.

Transformation? Fehlanzeige.

Was aber wenn Bestehendes der Veränderung im Weg steht und grundsätzlich hinterfragt werden muss, damit neue Lösungen überhaupt erst entstehen können? – Dann führt die reine Systemoptimierung früher oder später ins Verderben.

"Die Lösung von gestern erzeugt die Probleme von heute."
– Dr. Gerhard Wohland

Dynamikrobuste Höchstleistung und kreative Wendigkeit

Der wertschöpfende Umgang mit Komplexität und Dynamik ist auf Unternehmen angewiesen, die in der Lage sind, Veränderungen rechtzeitig zu erkennen, Neues dazu zu lernen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen.

Dr. Gerhard Wohland spricht von "dynamikrobusten Höchstleistern", wenn er Unternehmen meint, die in der Lage sind, in engen globalen Märkten durch kreative Wendigkeit zu bestehen.

Grundsätzlich kann ein Unternehmen auf zwei Weisen seine Entwicklung fördern:

  1. Optimierung von bereits vorhandenen Lösungen (kontinuierlicher Verbesserungsprozess, KVP)
  2. Erzeugen von neuartigen Lösungen (Innovation und Transformation)

Die kontinuierliche Optimierung dessen, was Wertschöpfung heute bereits möglich macht, ist ein elementarer Bestandteil der Unternehmensführung und Geschäftsentwicklung. In kleinen kontinuierlichen Schritten zum Ziel ist für viele Probleme der richtige Lösungsansatz. Entscheidend hierbei ist vor allem, dass die kontinuierliche Verbesserung zur gelebten Haltung wird. Damit sich eine Denkweise wie Kaizen im Unternehmen etablieren kann, muss ein Rahmen geschaffen werden, der entsprechendes Verhalten zulässt und begünstigt.

In Japan fanden viele der erfolgreichen Ansätze zur Systemoptimierung ihren Ursprung. Dort ist ein solcher Rahmen gesellschaftlich stärker gegeben: Ordnung, Struktur und Sauberkeit stehen vielerorts an erster Stelle und sind somit fester Bestandteil der Kultur. Das macht die erfolgreiche Einführung systemoptimierender Ansätze deutlich wahrscheinlicher.

Der Versuch solche Denk- und Arbeitsweisen zu importieren und reibungslos einzuführen, ist bei vielen Unternehmen gnadenlos gescheitert, weil die Überwindung hindernder Strukturen nicht erfolgt ist. Andere Unternehmen haben hingegen erkannt, dass zunächst Veränderung notwendig ist, um neue Ansätze zur kontinuierlichen Verbesserung erfolgreich in die bestehende Organisation zu integrieren.

Nichtsdestotrotz: Die Optimierung bestehender Systeme durch Reduktion von Verschwendung mit dem Ziel erhöhte Kundenzufriedenheit zu erreichen, wie es insbesondere das Lean-Management vorsieht, hat in den letzten Jahrzehnten große Produktivitätszuwächse hervorbringen können.

Auch im komplex-dynamischen Umfeld ist der Effizienzgrad entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Vernebelt von den Erfolgen kontinuierlicher Verbesserung hat sich bei vielen Unternehmen jedoch ein Optimierungswahn entwickelt, der folgende Einsicht völlig außer Acht lässt: Innovation können nur aus Ideen erwachsen, die Bestehendes in Frage stellen.

Neben den Ideen selbst braucht es für echte Innovationen das richtige Umfeld. Ideen müssen ohne Angst vor Ablehnung eingebracht, ausgetauscht und diskutiert werden können. Kommunikation, Kollaboration und Konflikt gewinnen als Kompetenzen an Bedeutung. Erst dann kann nicht nur optimiert, sondern auch in Frage gestellt werden. Und erst dann können neue Antworten bzw. Lösungen entstehen.

Der Optimierungswahn zeigt sich außerdem an einer übermäßigen Kostenfixierung. Das Ausbleiben einer investorischen Betrachtung auf Veränderungsvorhaben versperrt den Blick auf den erzeugbaren Wert und die Kosten des Nichthandelns.

Zwei Fragen die dieser Tendenz entgegenwirken und deine Entscheidungsqualität positiv beeinflussen werden: 

  1. Welche Kosten würde ich als Investor sicher in Kauf nehmen?
  2. Was kostet es mich zukünftig, heute nicht zu handeln?
"Im globalen Käfig ist kreative Wendigkeit, also Dynamik, wichtiger als Größe und minimale Kosten."
– Dr. Gerhard Wohland

Die Zunahme wahrgenommener Komplexität und Dynamik machen es erforderlich, die eigene Anschlussfähigkeit zu erhöhen. Systeme müssen sich so entwickeln können, dass sie selbst genügend Komplexität und Dynamik hervorbringen. Dazu bedarf es ein Umfeld, das ...

  • Menschen möglich macht, Ideen einzubringen
  • Teams möglich macht, miteinander und voneinander zu lernen
  • Organisationen möglich macht, Innovationen hervorzubringen

Nur so werden bestehende System regelmäßig irritiert und zu ihrer Weiterentwicklung angeregt.

Dynamikrobuste Unternehmen sind auf resiliente Menschen, leistungsfähige Teams und intelligente Netzwerke angewiesen, die ihre Beobachtungen teilen und zu entscheidenden Einsichten verdichten. Wenn individuelle Leistungsfähigkeit und Intelligenz im Team zusammenkommen und auf einen gemeinsamen Zweck gerichtet sind, dann können verfügbare Ressourcen optimal eingesetzt und sinnvoll genutzt werden.

In den meisten Organisationen ist das auf Grund tayloristischer Strukturen nicht möglich, auf Grund strategischer Überlegungen nicht vorgesehen oder durch das Gedächtnis der Organisation verhindert.

Unternehmen die den Logiken des von Frederick Taylor begründeten Scientific Managements im Übermaß folgen, bezeichnet man als tayloristisch. Denkende und handelnde Einheiten werden hier versucht zu trennen. Was bei niedriger Dynamik noch funktioniert hat, geht bei hoher Dynamik schief. Steuerungsversuche und Weisungs-Kontroll-Strukturen stehen der selbst-organisierten Wertschöpfung und damit der Individual-, Team- und Netzwerkintelligenz im Weg. Aus diesem Grund ist Innovation häufig auf die ein oder andere Transformation der Organisation angewiesen.

Unternehmen, die in der Lage sind, ihre jetzt hinderlichen Erfolgsmuster durch Reflexion zu erkennen, können die Weichen für eine zukunftsfähige Entwicklung stellen. Im Kern geht es darum, aus Erfahrungen zu lernen und entsprechende Schlüsse zu ziehen.

  • Welches ergänzende Wissen fehlt uns? Wie können wir es erlangen?
  • Welche Ideen sind lästig und stehen der Wertschöpfung im Weg? Wodurch ersetzen wir sie?

Erfolgreiche Unternehmen stellen die richtigen Fragen mehr als dass sie nach immer neuen Antworten suchen. Wichtige Fragen zur Förderung der Zukunftsfähigkeit lauten:

  • Wo ist Optimierung des Systems ausreichend und wo ist wann eine Systemüberwindung erforderlich?
  • Was gilt es zu bewahren und was sollten wir verändern?

Zukunftsfähige Unternehmen scheuen sich nicht vor der Ungewissheit der Zukunft. Sie versuchen den Transformationen nicht zu entkommen. Sie versuchen sie selbst zu gestalten und in konstruktive Bahnen zu lenken statt sich böse überraschen zu lassen.

Zukunftsweisende Unternehmen erkennen die Komplexität und Dynamik als Chance und als Risiko zugleich. Sie nehmen sich der Herausforderung an und sind bemüht, Komplexität zu meistern und Dynamik zu erzeugen.

Doch nicht jedem Unternehmen gelingt es, sich im Wandel der Zeit zu behaupten und eine dynamikrobuste Organisation zu gestalten. Meist sind Ignoranz und Aktionismus Folge von nicht ausreichend durchdachten Zusammenhängen, überfordernder Unsicherheit und ego-getriebener Selbstüberschätzung.

Operative Hektik, hohe Stresslevel und mangelnde Gesundheit sind zusätzliche Treiber, die dem strategischen Weitblick und damit der Systemüberwindung im Weg stehen. Transformation ist immer auf Ressourcen angewiesen. Fehlen diese Ressourcen, macht es für das System durchaus Sinn, die Notwendigkeit der Transformation nicht zu erkennen. Sonst bestünde die ernstzunehmende Gefahr, dass sie im Chaos endet und der Dynamik nicht mehr standhalten kann. Damit würde die Transformation ihr eigentliches Ziel verfehlen: der Organisation zu neuer Stabilität zu verhelfen.

“Just do it” ist ein noch immer häufig ausgesprochener aber in komplexen Zusammenhängen sicher kein guter Rat. Um notwendige Veränderungen erkennen zu können, ist es erforderlich, sich (mit) den Dynamiken aus(einander)zusetzen und sinnvolle Antworten auf unangenehme und komplexe Fragen zu finden. Immer und immer wieder. Trotz aller Widrigkeiten und Strapazen.

Um sich von Unsicherheit zu befreien und der operativen Hektik zu entkommen, sollten zwei Entwicklungsziele in den Blick genommen werden:

  1. Identitätsgestützte Klarheit mit Blick auf die Dynamiken im Außen und im Innen
  2. Strategischer Fokus mit Blick auf die Resonanz und Wirkung im Außen und die Ressourcen und Kompetenzen im Innen

Erst wenn sich alle als Teil des Ganzen verstehen, kann kundenzentrierte Wertschöpfung Realität werden. Zur Bearbeitung der Komplexität und Dynamik im Außen braucht es die Ideen und das Wissen der Mitarbeiter. Nur wenn die Kommunikation und das Verhalten aller Beteiligten die Markenidentität konsistent zum Ausdruck bringt, wird Qualität im Außen ersichtlich und greifbar. Dann bestehen gute Chancen, fremde Menschen für das Angebot und die Leistungen des Unternehmens zu gewinnen.

"Durch den Aufbau einer spezifischen Leistungsidentität entwickeln Hochleistungsfirmen eine hohe kreative Wendigkeit (Dynamik) und Nutzen diese zur Gestaltung des Marktes dem ihre Wettbewerber (unter Leistungsdruck) folgen müssen."
– Heinrich Nottbohm

Was es dazu braucht? – Ausreichend Klarheit und einen gemeinsamen Fokus bei allen Beteiligten sowie einen organisatorischen Rahmen, der kundenzentrierte Wertschöpfung möglich macht.

Zwischen Notwendigkeit und Möglichkeit: das Signal vom Rauschen trennen

Um relevante Signale empfangen zu können, muss zunächst das Rauschen reduziert werden. Der erste Schritt besteht demnach darin, sich den Dynamiken unserer Zeit aus einer Vogelperspektive zu nähern statt sich im Dschungel der endlosen Möglichkeiten und Narrative zu verlieren.

Statt sich ausschließlich mit dem Tagesgeschehen zu beschäftigen, sollten übergreifende Fragen wie diese bearbeitet werden:

  • Welche Entwicklungen bestimmen das allgemeine Umfeld?
  • Wie entwickelt sich der Markt und welche Veränderungen sind zu erwarten?
  • Wer sind unsere Wettwerber und was können wir von ihnen lernen?
  • Was sind die Bedürfnisse der Kunden? Welche Bedarfe können wir wecken?
  • Welche Trends sind relevant für uns?

Eine Organisation kann die Qualität ihrer Entwicklung nicht selbst wahrnehmen und bewerten. Sie ist darauf angewiesen, dass die Mitglieder ihre Wahrnehmungen in die Kommunikation einbringen.

Das gemeinsame Finden von Antworten auf diese Fragen reduziert die Unsicherheit und Überforderung aller Beteiligten und eröffnet neue Wege für das Unternehmen, sich als soziales System an die Bedingungen im Außen anzupassen. Zum einen werden die Notwendigkeiten der Zukunft (Risiken und Chancen) besser erkannt. Zum anderen kann durch die gewonnene Klarheit der Mut entstehen, Möglichkeiten zu nutzen und Veränderung proaktiv zu gestalten.

Unsere Erfahrung mit diversen Kunden hat gezeigt: den meisten Unternenhmen fehlt es an regelmäßigem Dialog und Diskurs mit Blick auf die Dynamiken im Außen. Die aus ständiger Veränderung resultierenden Ideen, Sorgen und Zweifel bleiben somit unberücksichtigt. Die Organisation kann sich in Folge nicht gesund entwickeln, da sie nicht genügend Irritationen erfährt, durch die wichtige Veränderungen erst in Erwägung gezogen werden.

Häufig findet der Dialog und der Diskurs im Team nicht statt, weil Inhalte auf Basis von Meinungen diskutiert werden, ohne den Kontext zu betrachten. Auch häufig zu beobachten sind Kommunikationsmuster, bei denen Inhalte auf der Beziehungsebene disktutiert werden und somit zu keinem brauchbaren Ergebnis führen.

Viele Teams und Organisationen haben gelernt, den Dialog und insbesondere den Diskurs zu meiden, weil er sich entweder nicht lohnt oder mit negativen Gefühlen verbunden ist. Die Unternehmenskultur wirkt wie ein Gedächtnis, welches begünstigt, dass an diesen Mustern festgehalten wird.

Entscheidend zur Durchdringung nicht-linearer und nicht mono-kausaler Zusammenhänge ist eine zyklische und systemische Betrachtungsweise. Sie erlaubt es uns, vom Inhalt und damit von Personen und ihren komplexen Psychen zu abstrahieren und die Formen und Muster hinter den Inhalten zu erkennen. Statt wechselseitigen Schuldzuweisungen, Statusproblemen und Selbstüberschätzung steht dann die Arbeit am sozialen System Organisation im Fokus.

Ohne den integrativen Blick für die Wechselwirkungen zwischen den Dynamiken in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft und den Dynamiken auf Ebene der Organisation, des Teams und der menschlichen Psyche bleiben die meisten Versuche Veränderung zu gestalten erfolglos. Um das Signal vom Rauschen zu trennen, ist es daher von großer Bedeutung nicht nur psychologische, sondern auch soziologische und systemtheoretische Kompetenzen zu erlangen.

Nie zuvor hatten Menschen so viele Möglichkeiten Informationen zu beziehen und zu erzeugen. Während die Menge an verfügbaren Informationen zunimmt, nimmt die Qualität der Informationen ab. Die Überflutung mit (ir)relevanten Daten führt zu einem Überangebot an Informationen.

Die allerwenigsten Informationsquellen sind frei von Interessenskonflikten. Unabhängige Berichterstattung und unabhängige Forschung ist immer seltener zu finden. Zentralen Institutionen und Medienhäusern blindes Vertrauen zu schenken, ist in Zeiten von globalen Machtverschiebungen keine kluge Strategie, um sich zu informieren. Und dennoch ist die BILD-Zeitung, die Tagesschau oder der Spiegel für viele Menschen noch immer das eindimensionale Maß der Dinge.

Eindimensionale und undifferenzierte Betrachtungen reichen im komplex-dynamischen Umfeld jedoch immer weniger aus, um zu bestehen und Wert zu schöpfen. Zukunftsfähigkeit bedeutet, Komplexität zu meistern und Dynamik zu erzeugen. Die Konditionierungen unserer Schul- und Bildungssysteme stehen diesem Unterfangen diametral entgegen.

Viele Entscheider ...

  • lassen sich von unbedeutenden Signalen verleiten,
  • verpassen somit relevante Signale
  • und fallen der Komplexität und Dynamik zum Opfer.

Die Selektion ernstzunehmender, relevanter und weitestgehend objektiver Informationsquellen wird zu einer immensen Herausforderungen, die von vielen noch nicht als solche erkannt wird.

Neben zentralen Einrichtungen, die durch fundiertes Research und wissenschaftliches Arbeiten einen wichtigen Beitrag zum Informationsangebot leisten sollten, spielen dezentrale Netzwerke eine immer größere Rolle, wenn es darum geht Einsichten zu erlangen, die zu qualitativeren Entscheidungen verhelfen.

Eine Strategie für das Selektieren und Informieren im digitalen Zeitalter sollte aus diesen Überlegungen heraus, zwei wesentliche Punkte umfassen:

  1. Antworten auf die Frage, wie man sich relevanten Signalen und wichtigen Irritationen aussetzt, um Klarheit und Fokus zu gewinnen.
  2. Antworten auf die Frage, wie man sich vor irrelevanten, verzerrten und invaliden Signalen schützt, um Klarheit und Fokus zu wahren.

Das Signal: Der Übergang zum Informations- & Wissenszeitalter

Wirtschaft befindet sich ständig im Wandel. Doch das ist nicht alles: Wir sind Zeitzeugen des Übergangs vom Industriezeitalter zum Informations- und Wissenszeitalter. Dieser Übergang stellt Menschen, Organisationen und Gesellschaften vor immer wieder neue Überraschungen und große Herausforderungen, die sich zunehmend bemerkbar machen.

Aber was einmal nach oben geht, muss auch weiter nach oben gehen. Oder doch nicht? – Der Glaube an stetiges und unendliches Wachstum ist in der westlichen Welt noch immer stark verbreitet. Manchmal erinnert es an ein kleines Kind, das einfach nicht akzeptieren möchte, dass es Zeit ist nach Hause zu gehen. Dabei würde es vielen Unternehmensinhabern einiges an Last von den Schulter nehmen, wenn sie Klarheit darüber erlangen würden, in welchem Markt- und Wettbewerbsumfeld sie sich in Zukunft behaupten müssen und worauf sie sich vorbereiten sollten:

  • Durch technologischen Fortschritt und die anhaltende Globalisierung verändern sich die ökonomischen Rahmenbedingungen fundamental. Die Gewinner von heute können morgen schon zu den Verlieren zählen, da die hohe Vernetzungsdichte nicht-lineare Entwicklungen begünstigt.
  • Umso mehr die Bewältigungsstrategien und Intuitionen in Zeiten des stetigen Wachstums ausgebildet wurden, desto schwieriger fällt es heute den globalen Transformationsprozess und seine Auswirkungen zu erkennen und zu akzeptieren.
  • Die Volksrepublik China wird voraussichtlich im Jahr 2028 die USA als größte Volkswirtschaft ablösen. So eine Prognose des Londoner Centre for Economics and Business Research von Ende 2020. Die Zukunft bleibt ungewiss, aber die Richtung ist klar: Es geht um die Frage nach der finanziellen, militärischen und wirtschaftlichen Vormachtsstellung: Wer stellt die nächste Leitwährung? Wer dominiert die Weltwirtschaft?
  • Die Dollar-Dominanz beginnt zu bröckeln. Bestehende Machtverhältnisse werden in Frage gestellt. Im Kampf um die Macht werden neue Bündnisse geformt und neue Feindschaften beschlossen. Die Karten werden neu gemischt. Die Strukturen des globalen Wirtschaftssystems verändern sich.
Wir sind am Anfang eines kulturell subversiven Prozesses, der sich noch viele Jahrzehnte entfalten wird.”
– Wolfgang Coy (1993)

Welche geschäftsrelevanten Veränderungen und Notwendigkeiten ergeben sich daraus?

  • Kunden treffen autonome Kaufentscheidungen, haben viele Alternativen und hohe Erwartungen.
  • Mitarbeiter stellen erhöhte Ansprüche an die Sinnhaftigkeit und Flexibilität ihrer beruflichen Tätigkeit.
  • Teams sind darauf angewiesen ihre Lern- und Leistungsfähigkeit zu erhöhen.
  • Organisationen sind immer schlechter in der Lage ohne dynamische Netzwerkbildung Wertschöpfung zu betreiben.
  • Das Wettbewerbsumfeld ist dicht und hoch-fragmentiert, was für zunehmenden Innovationsdruck sorgt.
  • Das wirtschaftliche Umfeld ist geprägt von hoher Verschuldung und zunehmendem Kostendruck.
  • Gesellschaften sind bestimmt durch Ausbeutung, Polarisierung und Asymmetrie.

Was haben diese Entwicklungen zur Folge?

Das Optimieren bestehender Systeme reicht nicht aus, wenn sich bei ihrer Entwicklung selbst behindern. Um die Herausforderungen unserer Zeit zu lösen, um Wohlstand und Produktivität zu fördern, bedarf es an vielen Stellen einem Wandel der Entscheidungsprämissen und Bewältigungsstrategien. Erst dann wird eine gesunde Entwicklung für Menschen, Organisationen und Gesellschaften wieder möglich.

Das ein solcher Wandel dringend erforderlich ist, zeigt sich an ...

  • der Überforderung von Menschen und Organisationen im Umgang mit Komplexität und Dynamik.
  • dem immer häufiger werdenden Kollaps von Systemen.
  • den zunehmenden Krisen und Konflikten auf allen Ebenen.

Diese Beobachtungen können dabei helfen, notwendige Veränderungen zu erkennen und zu vollziehen. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Nur wer hinterfragt und sich in Frage stellen lässt, kommt zu neuen Erkenntnissen.

Die treibende Kraft des Wandels ist vor allem im weiter zunehmenden Grad der Vernetzung zu finden. Mit der Einführung des Internets und der flächendeckenden Verfügbarkeit digitaler Technologien hat die Vernetzung ein exorbitantes Ausmaß angenommen. Gleichzeitig sind die Eintrittsbarrieren global drastisch gesunken, sodass neue Märkte entstanden und neue Wettbewerber der globalen Wirtschaftsparty beigetreten sind.

In Kombinationen mit der Nicht-Linearität, die vielen Technologien und Entwicklungen entspringt, ergibt sich für Menschen wie Organisationen zunehmende Dynamik und Komplexität. Die Digitalisierung ist für viele primär mit Chancen verbunden. Die Folgewirkungen veränderter Kommunikationsweisen und die sich daraus ergebenden Herausforderungen werden allerdings noch immer übersehen. Die weitreichende Wirkung der Digitalisierung, die wahren Chancen, vor allem aber die schleichenden Risiken werden unterschätzt.

So kommt es, dass die übergreifenden Transformationsnotwendigkeiten, die aus den technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen hervorgehen, häufig nicht erkannt werden. Systeme mit digitalen Lösungen zu optimieren, ist bei den meisten Organisationen bereits Thema. Die Überwindung bestehender Systeme durch gänzlich neue Lösungen erfolgt hingegen nur selten.

Heute wissen wir: Das Kommunikationssystem bestimmt wie wir uns verhalten. Wenn Kommunikation sich immer stärker auf digitalen Kanälen abspielt und der direkte Kontakt weniger wird, prägt das den Umgang miteinander. Daraus resultiert in vielen Fällen eine zunehmende Unfähigkeit, konstruktiv zu kommunizieren und (verborgene) Konflikte im Sinne der Wertschöpfung zu bewältigen.

“Nicht der übertragene Inhalt, sondern die Charakteristiken eines Mediums bestimmen die gesellschaftliche Wirkung.”
– Marshall McLuhan (1963)

Zunehmende Dynamik wird für Menschen und Organisationen dadurch spürbar, dass sie mit mehr Überraschungen umgehen müssen,

  • denen man nicht mit bestehendem Wissen, sondern nur mit neuen Ideen erfolgreich begegnen kann und
  • denen es mit Blick auf unterschiedliche und damit widersprüchliche Ziele, Interessen und Zwecke zu begegnen gilt.

Umso mehr gilt es, die Bedeutung von Kommunikation, Kollaboration und Konflikt im Sinne der Wertschöpfung neu zu bestimmen, sodass sie produktiven Einzug in den Unternehmensalltag finden.

Die Herausforderung: Komplexität und Dynamik wertschöpfend begegnen

Um mit Komplexität und Dynamik zurecht zu kommen, ist es entscheidend, dass Unternehmen ihre eigene Komplexität erhöhen und selbst zur Dynamik beitragen. Geschieht das nicht, ist die Wertschöpfung unterkomplex und die Organisation immer weniger anschlussfähig. Nur durch eine hohe Marktorientierung und die daran anschließende Kundenzentrierung bleiben Unternehmen zukunftsfähig.

  1. Komplexität erhöhen: Durch Vernetzung und Austausch sind Menschen in der Lage Lösungen zu generieren, die ein Einzelner ohne “Resonanzpartner" nicht hervorbringt. Es geht darum, Kunden, Mitarbeiter und Partner in die Wertschöpfung zu integrieren. Das bedeutet vor allem ihre Beobachtungen und Ideen als “schwache, aber bedeutende Signale” in den Dialog zu bringen und zu Einsichten zu verdichten.
  2. Dynamik erzeugen: Wer Ideen in die Umsetzung bringt und daraus Innovationen erwachsen lässt, erzeugt Wert für Kunden und Überraschungen für den Wettbewerb. Um auf gute Ideen zu kommen, braucht es die richtigen Menschen mit den richtigen Ideen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Damit das gelingt, gilt es die unterschiedlichen Ziele, Interessen und Zwecke der Beteiligten zu integrieren. Das wiederum erhöht die Komplexität und damit sowohl das Konflikt- als auch das Innovationspotenzial.

Der Schlüssel liegt in der Einbindung intelligenter Menschen in die Wertschöpfung und dem Schaffen lern- und leistungsfördernder Rahmenbedingungen. Zur kontinuierlichen Verbesserung sollte die Zusammenarbeit und der Austausch von Ideen und Wissen gefördert werden, um Transformationspotenziale zu erkennen, gemeinsam neue Wege zu erschließen und den Herausforderungen der Zukunft erfolgreich zu begegnen.

Haben alle Beteiligten die Möglichkeit zur Mitwirkung und Gestaltung, erhöht sich deren Anschlussfähigkeit und damit die Motivation, die Entwicklung des Unternehmens aktiv voranzutreiben. Denn: Menschen arbeiten gerne, wenn sie Spaß daran haben und stolz auf das sein können, was die Arbeit bewirkt. Hast Du dich davon bereits überzeugt?

Unternehmensinhaber, die einen Rahmen für lern- und leistungsfähige Teams schaffen wollen, sollten sich folgende Fragen stellen und bemüht sein ehrliche Antworten zu finden:

  1. Ist der Dialog und Diskurs derzeit überhaupt möglich und erwünscht?
  2. Lohnt es sich (emotional und rational) für Mitarbeiter am Dialog und Diskurs teilzunehmen?
  3. Besteht die Möglichkeit, den Dialog und Diskurs ohne Angst und mit Aussicht auf Erfolg zu eröffnen?

[1] Klaus Eidenschink, Entscheidungen ohne Grund – Organisationen verstehen und beraten: Eine Metatheorie der Veränderung (2021)

[2] Gerhard Wohland, Denkwerkzeuge der Höchstleister: Warum dynamikrobuste Unternehmen Marktdruck erzeugen (2007)

[3] Niels Pflaeging & Silke Hermann, Zellstrukturdesign: Eine neue Sozialtechnologie, die unternehmerischer Wertschöpfung Flügel verleiht (2020)

[4] Ernst Weichselbaum, In jedem Unternehmen steckt ein besseres (2020)

Wie wir Dich auf dem Weg vom Qualitätsdienstleister
zur einzigartigen Marke unterstützen können:
  1. Business & Brand Discovery: Wir schaffen Klarheit im Innen und im Außen. Aus einem geteilten Verständnis von Wertschöpfung und Dynamik erwachsen neue Möglichkeiten, um miteinander zu lernen und zu leisten.
  2. Business & Brand Strategy: Um die richtigen Menschen für die Marke zu gewinnen und die Zukunftsfähigkeit des Geschäfts zu sichern, sorgen wir für unverwechselbare Angebote, kundenzentrierte Wertschöpfung und effektive Vermarktung.
  3. Business & Brand Evolution: Auf Basis der radikal kundenzentrierten Strategie befördern wir nachhaltiges Wachstum durch die Entwicklung menschlicher Potenziale, digitaler Lösungen und dynamikrobuster Strukturen.

Wenn Du bereit bist, buche Dir einen Termin für ein kostenfreies Beratungsgespräch und finde heraus, welche Potenziale darauf warten, von dir erschlossen zu werden.

Peter Busse

Hallo, mein Name ist Peter Busse und ich begleite Unternehmen auf dem Weg vom professionellen Dienstleister zur einzigartigen Marke. Auf Basis identitätsgestützter und kundenzentrierter Strategien fördern wir die Lern- und Leistungsfähigkeit inhabergeführter Unternehmen. Wir erzeugen neue Freiheits- und Wirkungsgrade bei der Wertschöpfung und sorgen dafür, dass Dienstleistungsunternehmen für das gesehen und erinnert werden, was sie wirklich auszeichnet.

Seit ich denken kann, beschäftigt mich die Frage was exzellente Dienstleistung bedeutet. Seit etwa 5 Jahren bin ich als lernender Berater in strategischen und gestalterischen Kontexten unterwegs, um Antworten auf relevante Fragen zu finden. Dabei widme ich mich der übergreifenden Frage, wie eine gesunde Entwicklung von Mensch, Marke und Organisation wirksam befördert werden kann.

Ich bringe ein breites Verständnis verschiedener Themenfelder mit, um mit Empathie und Weitsicht Ergebnisse für unsere Kunden zu erzielen. Erst die Kombination aus Wissensbreite und Wissenstiefe erlaubt es uns, komplexe Zusammenhänge zu durchdringen, um strategisch und gestalterisch wirksame Entscheidungen mit und für unsere Mitarbeiter, Kunden und Partner zu treffen.

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